Die Vertrauten

Vereinigung Leipziger Kaufleute, gegründet im Jahre 1680 in Leipzig

Geschichte


Gründung

Im 17. Jahrhundert litt Mitteleuropa unter dem Dreißigjährigen Krieg und seinen Folgen. Zerstörungen und Seuchen wirkten sich noch Jahrzehnte nach dem Friedensschluss aus. Auch in Leipzig, der größten Handelsstadt Sachsens, nahmen Armut und Bettelei erheblich zu. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs und der prosperierenden Leipziger Messen war die soziale Not breiter Bevölkerungsschichten kaum zu lindern. Die grassierende Pest gab schließlich den Anstoß für die Gründung der “Vertrauten”.

Dreizehn wohlhabende Leipziger Kaufleute des Manufaktur- und Handelsbürgertums riefen im August 1680 die “Vertrauten” ins Leben. Erster Senior und Initiator war Hieronymus Jacob von Ryssel (1649-1715), Handelsmann und wie viele seiner “Vertrauten”-Brüder auch Ratsherr.

Hieronymus Jacob von RysselHieronymus Jacob von Ryssel (1649 - 1715) Handelsmann und Mitglied des Stadtrates, gilt als Gründer und erster Senior der "Vertrauten".

Tradition

Die Grundsätze der Gründungspräambel bestimmen bis heute die ehrwürdige Tradition der “Vertrauten”.

Die “Vertrauten” wirken ehrenamtlich. Spenden erreichen unmittelbar ihr Ziel. Mitglieder und Freunde ermöglichen die Realisierung umfangreicher Projekte und halten so den humanitären Geist und die Verantwortung der Gründer lebendig.

"Einer dem anderen die Seinigen in Pflege u. Sorgfalt zu nehmen,
Wenn GOTTES Will den Riß über uns verhengen solte.
Wir liebten gleichwohl in Furcht u. Hoffnung eine freundl.
Zusammenkunfft
Und in der Einsamkeit eine vertrauliche Gemeinschafft
So wohl GOTTES Ehre vor unsere Erhaltung zu preisen,
Als in geziemender Letzung bey so betrübter Zeit uns zu erquicken,
Darbey aber auch des Armuths nicht zu vergessen.
Ein jeder von der Gesellschaft war bemühet,
In der That zu erweisen, was sein angebohrnes Natürel mit sich
brachte.”

Wirken

Alle dreizehn Familien der “Vertrauten” blieben von der Pest verschont. Die Fürsorge galt nun den Bedürftigen der Stadt. Seit 1686 traf man sich auch zu “Kinds-Tauffen-Kränzgen” und zu “Conventen”. Das Essen, der “Schmaus”, bestand aus “vier guten alten teutschen Gerichten, nebst einer Pfeife Tabak”. Und immer wurde mit der Armenbüchse für sich in Not befindende Menschen gesammelt.

Das soziale Engagement erfolgte traditionsgemäß fast im Stillen. Einnahmen kamen aus Jahresbeiträgen, Sammlungen und den Strafgeldern bei Verletzung der “Üppigkeitsverbote” an den Tafeln. Die Zinsen aus dem angehäuften Kapital erhielten “haußarme Leut” – Menschen, die sich wegen ihrer Armut vor der Öffentlichkeit versteckten.

Inhaber weltbekannter Manufakturen, Handels- und Gewerbefirmen waren Mitglieder der “Vertrauten”. Sie übertrugen Teile ihres Vermögens in Einrichtungen zum Wohle der Stadt Leipzig und ihrer Bürgerinnen und Bürger. So legten die Gebrüder Bose den Großbosischen Garten an, Adolf Heinrich Schletter veranlasste den Bau des ersten Leipziger Kunstmuseums, Gustav Moritz Claus und Carl Lampe stifteten ihre privaten Kunstsammlungen. Wilhelm Theodor Seyfferth ließ den zur Erinnerung an seine Tochter Johanna geschaffenen Park nach ihr benennen, machte ihn der Öffentlichkeit zugänglich und überschrieb in später der Stadt.

In der jüngeren Vergangenheit zwangen Beschlagnahmungen und Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone viele Mitglieder, ihre Heimat zu verlassen und die traditionelle Hilfe vom Westen aus fortzusetzen. Seit 1989 wirken die “Vertrauten” wieder unmittelbar in Leipzig. Hier finden auch die Jahrestreffen mit “Convent” und “Schmaus” statt.

Heute sind die “Vertrauten” als Unternehmer oder in führenden Funktionen tätig. Einige betreiben auch wieder Stiftungen oder engagieren sich als Mäzene im Kunst- und Kulturleben.

WirkenSilberne Sammelbüchse, 1845 von "Vertrauten"-Mitgliedern an die Gesellschaft gestiftet.